Rezension – Carinthischer Sommer 2015

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“Kleine Gesten und eine ganz große Wirkung”

Die Wienerin Gerda Struhal begeisterte beim CS Ossiach. Chromatische Auf- und Abstiege: Die Pianistin Gerda Struhal präsentierte beim Carinthischen Sommer ein kühnes Programm. Vom sprichwörtlichen „Alten“ zum „Neuen“ Testament der Klavierliteratur war es auf einmal nur ein kurzer Weg. Dem Alten – Bachs „Wohltemperiertem Klavier“ – vermochte Struhal durch bewusste Auswahl von sechs Präludien und Fugen eine besondere Dramaturgie zu geben. Spätestens bei der kontrastreichen Interpretation der cis-Moll Fuge war man in einer ganz anderen Welt.

Die eigenwillige Aneinanderreihung, in der jedes Stück eine souveräne Dynamik entwickelte, aber trotzdem einem chromatischen Anstieg der Tonarten folgte, gab den Rahmen für Ernst Kreneks zweite Klaviersonate. Struhal griff derart resolut in die Tasten, dass einem der Atem wegblieb. Die Übergänge zwischen Bach und Krenek waren fließend, man merkte der Pianistin an, wie sie den Zwischenapplaus rasch hinter sich bringen wollte. Große Gesten waren ihre Sache nicht, vielmehr die kleinen Übergänge, welche aber in ihrem Fall ganze Jahrhunderte Musikgeschichte mit einschließen konnten.

So war es auch zu Beethoven – dem „Neuen Testament“ – nur ein kleiner Schritt. Die „Hammerklaviersonate“ schlug eine Brücke zu Bachs Kontrapunktik, und Struhal meisterte die schwierigen technischen Anforderungen mit Bravour. Als Zugabe gab’s Scarlatti und so unscheinbar, wie sie die Bühne betrat, verließ die Pianistin sie wieder. Ein Abgang im Halbtonschritt, der – wie beim Wechsel der Tongeschlechter – die Welt bedeutet.”

Philip Waldner, Kleine Zeitung, 2. August 2015

  Gerda   Posted in: News